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In der Vergangenheit würdigten Muslime die biblischen Aufzeichnungen

… aber dann gewann Israel den Sechs-Tage-Krieg


Es ist jetzt 2 Jahre her, seit ein 150-seitiges Buch mit dem nichtssagenden Titel „Islam, Juden und der Tempelberg“ erschien, geschrieben von Yitzhak Reiter, Wissenschaftler der Islam- und Nahoststudien, und dem Forscher Dvir Diamant. Auch wenn der Titel nicht besonders inspirierend war, so war doch der Inhalt für Muslime, Juden und vor allem Christen reiner Sprengstoff.

Die Autoren zeigten auf, dass die muslimischen Hauptgeschichtsquellen vom 7. bis zum 20. Jahrhundert die jüdische Verbindung zu den Tempeln in Jerusalem anerkennen. Dies war ein grundsätzlicher muslimischer Glaube.

Weiterhin führen die Autoren an, dass der Islam diese Verbindung sogar weiterhin aufrechterhalten musste, um seine eigene Legitimation zu bewahren.

Die muslimische Geschichte war pro-jüdisch

Anerkannte islamische Historiker glaubten in den beiden vergangenen Jahrtausenden, dass der Islam „eine Fortsetzung der monotheistischen Religion und seiner frühen Propheten sei, wobei Mohammed der letzte Prophet in dieser Reihe sei“ (ebd., S. 7). Die jüdischen und christlichen Ursprünge gaben dem Islam seine Gültigkeit. Hier ein paar Beispiele:

· Muhammad ibn Jarir al-Tabari (10. Jahrh.) verwendete Beschreibungen, die nahezu identisch sind mit dem 2. Buch der Chronik und schrieb, dass König David nicht in der Lage war, den Tempel zu erbauen;

· Abu Bakr Muhammad ibn Ahmad al-Wasiti (11. Jahrh.), der Prediger der Al-Aqsa Moschee, beschrieb wie König Salomo die Tore des Tempels öffnete. Der Wortlaut ist nahezu identisch mit dem Text des babylonischen Talmuds. Abu Bakr schrieb die erste und berühmteste muslimische Literatursammlung dieses Genres unter dem Titel „In Lobpreisung Jerusalems“;

· Ibn Khaldun (14. Jahrhundert), Autor von Muqaddimah, verwendet einen Wortlaut, der komplett aus 1. Könige, Kapitel 6 entlehnt ist und schreibt über König Salomos Erbauung des Tempels;

· Mujir al-Din (15. Jahrh.) zitiert ebenfalls die Bibel bei der Beschreibung der Erbauung des Tempels durch König Salomo.

Diese Verbindung war der muslimische Glaube, aber es sollte nicht dabei bleiben.

Israels Sieg löste eine Kehrtwende aus

Auch der israelische Autor und Journalist Nadav Schragai hat über dieses Thema geschrieben (Israel Hayom, 10.05.2021). Er schreibt, dass bis zur Balfour-Erklärung 1917, welche die Unterstützung zur Erschaffung eines “Nationalstaates für das jüdische Volk” zum Ausdruck brachte, muslimische Quellen die jüdische Verbindung zu Jerusalem bestätigten. Der Sechs-Tage-Krieg war jedoch der Bruchpunkt, nach welchem „die muslimische Geschichtsschreibung eine drastische Wende nahm. Die Leugnung einer jüdischen Verbindung zum Tempelberg wurde zum vorherrschenden Argument. Seitdem kehrten Muslime einer umfangreichen islamischen Literatur, welche die jüdische Verbindung zum Tempelberg bestätigt, den Rücken zu.“

Dass die Juden in den Schlachten die Oberhand behielten, war schlimm genug, aber dass sie im Juni 1967 auch noch die Kontrolle über den Tempelberg gewannen, wo die Al-Aqsa Moschee im späten 7. Jahrhundert erbaut wurde, war unzumutbar. Die muslimische Welt würde nicht tolerieren, dass ihre heilige Stätte unter nicht-muslimischer Kontrolle steht.

Es war der Auslöser für eine Umschreibung der Geschichte. Wie Reiter und Diamant ausführen: „Viele in der muslimischen Welt ignorieren ihre klassischen Quellen auf Arabisch oder weisen sie sogar zurück, sie erstrecken sich aber über Jahrhunderte hinweg und verfügen über umfangreiche Literatur, welche die jüdische Geschichte Jerusalems und heiligen jüdischen Stätten anerkennt“ (Seiten 1-2).

Das ist bedeutend. Die muslimische Welt ist heutzutage fast völlig einig in der Leugnung jeglicher jüdischer Rechte zum Tempelberg. Viele Muslime verneinen sogar die Tatsache, dass die Tempelstätte jemals existierte. Viele muslimische Gelehrte, auch Regierungsoberhäupter, leugnen, dass ein jüdischer Anspruch auf Jerusalem bestünde, weder historisch noch religiös.

Eine Ketzerei für Christen

Für den gläubigen Christen ist das Ketzerei. Wenn die Verbindung des Juden Jesus und der jüdischen Jünger zum Tempel, den König Salomo 3000 Jahre zuvor erbaut hatte, weggezerrt wird, dann wird das Neue Testament auf eine reine Sammlung erfundener Märchen reduziert, welche konservative Moralvorstellungen und Ethik propagieren mit einer Zugabe an apokalyptischen Spekulationen. Ist dann überhaupt irgendetwas davon wahr? Vielleicht ist sogar Jesus erfunden.

Kirchenführer von heute haben sich zu diesem Thema nahezu ausgeschwiegen. Dieses Schweigen hat laufende Angriffe auf die Legitimität ihres Glaubens zugelassen. Ein Beispiel dafür ist die palästinensisch-arabische Behauptung, dass Jesus Palästinenser war und nicht Jude. Wenn solche Absurditäten unangefochten stehen bleiben, wird die Erzählung des Neuen Testaments korrumpiert.

Sicherlich lehnen christliche Gelehrte und Geistliche den Islam ab, weil er der Bibel widerspricht. Die große Mehrheit lehrt ihre Gemeinden jedoch nicht, warum die Aufzeichnungen der Bibel wahr sind. Geschichte und Archäologie sind unnötige Themen für ihre Gläubigen, abgesehen von Studenten im Theologieseminar.

Juden, Geschichte und Glaube

Jüdische Praktiken beinhalten die Genauigkeit der Geschichtsschreibung. Die Geschichte von Passah ist z.B. essentiell für dessen Feierlichkeiten und selbst Kinder sind damit vertraut. Die Errichtung des Tabernakels in der Wildnis und des Tempels in Jerusalem wird von jedem Kind gelernt, das eine ordentliche jüdische Erziehung erhält. Bis zum Erwachsenenalter weiß jeder Jude, dass seine oder ihre Abstammung in der Thora verwurzelt ist.

Gleichermaßen ist auch Glaube notwendig. Vor allem unter liberalen Juden wie auch unter liberalen Christen, Skepsis ohne Glaube führt zu Desinteresse, davon zeugt die Tragödie so vieler leerer Bänke in modernistischen Kirchen und Synagogen. In ganz Europa werden Tausende von Gebetshäusern zu Apartments oder manchmal verkauft und in Moscheen umgewandelt. Glaube und Fakten müssen Hand in Hand gehen.