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Die widersprüchliche Beziehung Europas zu Israel


Seit unserer Gründung vor 50 Jahren waren wir immer wieder bewegt von der Liebe und dem Mitgefühl unseres Publikums auf der ganzen Welt für Israel, vor allem von nicht-jüdischen bibeltreuen Gläubigen. In Europa wurde diese Beziehung allerdings auf einzigartige Weise durch den Holocaust beeinflusst, den so viele miterlebt haben.

Wir trafen auf Verständnis bei jenen, die wir persönlich getroffen haben, auf staatlicher Ebene verhält es sich jedoch anders. Seit 1973 verfolgen europäische Nationen, die zuvor Israel zugewandt waren, letztendlich einen pro-palästinensischen und anti-israelischen Kurs.

Das Embargo der ölfördernden arabischen Länder in jenem Jahr führte dazu, dass Nationen mit Bedarf an Treibstoff vor die Wahl gestellt wurden: entweder eine freie Zufuhr an Öl oder gute Beziehungen zu Israel. Die meisten Nationen sagten: „Wir brauchen Öl und keine Juden.“ Die aufkeimenden feindseligen Einstellungen gegenüber Israel gingen nach der Gründung der Europäischen Union im Jahr 1993 ein Bündnis ein.

Thomas Sandell, Leiter der European Coalition for Israel mit Sitz in Brüssel, die im Europäischen Parlament aktiv ist, gibt gleichermaßen der Wirtschaft die Schuld für den Wandel in den Beziehungen und weist auf 3 Widersprüche hin (Middle East Forum Webinar, 23.01.2023):

· Erstens war Europa jahrhundertelang das Zentrum jüdischen Lebens. Die Idee des Zionismus wurde sukzessive in London, Basel und San Remo (Italien) bis zum 2. Weltkrieg gefördert.

Auf der anderen Seite ist Europa auch der größte Friedhof von Juden auf der ganzen Welt. Die Kreuzzüge, Inquisition, Pogrome, Schoah (Holocaust), Auschwitz, Dachau und Theresienstadt sind alles Begriffe, die mit einer sorgenvollen Bedeutung für Juden behaftet sind.

· Zweitens waren Europa und Israel sich nie näher im Handel und in der Zusammenarbeit als heute, vor allem in den Bereichen Geheimdienst, Sicherheit und Energie. Man könnte behaupten, wenn Israel einst im Handel von Europa abhängig war, so ist Europe heute abhängig von israelischem Knowhow.

Dem steht jedoch entgegen, dass Europa jahrzehntelang ein Problem hatte mit rechtsgerichteten Regierungen Israels und eine kritische Haltung dazu einnahm.

· Drittens ist die Europäische Union weltweit führend darin geworden, Antisemitismus zu definieren und zu bekämpfen.

Im Widerspruch dazu steht allerdings, dass die EU (und andere europäische Länder) die größten Geldgeber der Palästinensischen Autonomiebehörde sind. Es fließen Gelder, die verwendet werden für die Anstiftung zu Hass, dem institutionalisierten Antisemitismus in Schulbüchern und die Bezahlung von verurteilten Terroristen und Mördern, die fünfmal mehr verdienen, als ein Lehrer bei der PA verdient. Weit verbreitete Korruption, keine freie Presse und ein Mangel an demokratischen Institutionen sind bekannt, werden aber ignoriert.

Europäer verhindern den Frieden

Mit eiserner Stirn nennt Sandell die PA ein „Protektorat der EU, was unverzeihlich ist“. Obwohl Europa finanziellen Druck ausüben könnte, um die PA zu reformieren, wird die EU dies nicht tun aus Angst, die Beziehungen zur PA zu beschädigen und aus Scham wegen Europas kolonialistischer Vergangenheit im Nahen Osten.

Einen Schritt weitergedacht, lässt sich sagen, dass die finanzielle Unterstützung der PA durch die EU und gleichgesinnte Nationen die Palästinenser dahingehend stärkt, sich nicht an Friedensverhandlungen zu beteiligen. Europa ist somit ein Hindernis für den Frieden.

Die Europäische Einheit ist manchmal keine solche

Dies ist natürlich nicht einhellig. Mittel- und osteuropäische Völker, die unter totalitären Regimen gelitten haben, sind tendenziell eher pro-israelisch gesonnen als westeuropäische Völker. Völker der politischen Mitte oder des rechten Spektrums sind Israel eher zugewandt, wohingegen progressive, linksgerichtete Völker (außer Deutschland) eher pro-palästinensisch eingestellt sind.

Sandell sagt, dass das Abraham-Abkommen eine neue Phase der israelisch-arabischen Beziehungen ohne Verknüpfung zu den palästinensischen Arabern einläuteten. Dies führte zu einer Neueinschätzung durch die europäischen Nationen, die sich entscheiden müssen: Gehören wir zu den Nationen, die Frieden, eine Normalisierung und Zusammenarbeit anstreben oder bleiben wir im Lager von Antagonismus, Konflikt und Krieg?

Auch der russisch-ukrainische Krieg hat zur Erkenntnis geführt, dass Israel, anders als Russland, ein stabiler, verlässlicher Energiepartner ist.

Die dunkle Seite der Beziehung

Aber zu dieser Geschichte gehört mehr als das.

Nach der Unterzeichnung der Prinzipienerklärung (Oslo-Abkommen) auf dem Rasen des Weißen Hauses in Washington am 13. September 1993 glaubte man, dass eine neue Ära in der Geschichte angebrochen sei. Weitere Verhandlungen würden innerhalb von ein paar Jahren zur Erschaffung eines palästinensischen Staates führen. Diese Verhandlungen sollten direkt zwischen Israel und den Palästinensern und nicht durch andere Parteien stattfinden.

Aber durch neue Wellen des palästinensischen Terrors, organisierte Intifadas und einen totalen Stillstand auf diplomatischer Ebene erkannte die große Mehrheit der Israelis, dass das Oslo-Abkommen dem Untergang geweiht war.

Inzwischen wurde Gaza von Israel komplett der PA überlassen. Das geschichtsträchtige Gebiet von Judäa und Samarien (in den letzten Jahrzehnten auch Westbank genannt), wurde jedoch in 3 Bereiche aufgeteilt. Gebiet A (z.B. Bethlehem und Jericho, 17 % der Gesamtfläche von Judäa und Samarien) ist ausschließlich in der Hand der PA. Gebiet B (z.B. Nablus/Schechem, 21 %) ist unter geteilter Sicherheitskontrolle. Gebiet C, welches die restlichen 60 % umfasst (z.B. Ariel), ist unter israelischer Kontrolle.

Gebiet C sollte stufenweise in die Kontrolle der PA übertragen werden, aber Israel wird nicht riskieren, noch mehr Land abzugeben, während ein Terrorkrieg im Gange ist und die PA Verhandlungen verweigert.

Die Leser würden allerdings fehlgehen in der Annahme, dass es sich um eine ausweglose Situation handelt. Bevölkerungszahlen steigen und es besteht ein Bedarf an Wohnraum. In den Gebieten A und B wächst der Wohnungsbau enorm. Im Gebiet C wächst auch der jüdische Wohnungsbau, aber sehr viel langsamer.

Der Fayyad-Plan: ein Staat durch illegale Mittel

Auch hier steckt mehr dahinter: Arabische Bauprojekte breiten sich in Gebiet C massiv aus, dem Gebiet unter israelischer Kontrolle. Bis zum Oktober 2022 gab es mehr als 80.000 illegale arabische Gebäude in Gebiet C laut eines 68-seitigen Berichts („Der Zermürbungskrieg“), der letzten Herbst veröffentlicht wurde von Regavim, der Überwachungsorganisation für illegale Bautätigkeiten. Ein Drittel davon wurde allein in den letzten 4 Jahren errichtet.

Dies ist Teil eines Plans, der 2009 durch den Premierminister der PA, Salaam Fayyad, ausgearbeitet wurde, um so viel Land wie möglich zu übernehmen zur Erschaffung von „Tatsachen auf Grund und Boden“ und einem de facto Status ohne der Mühe mit Friedensverhandlungen.

Illegale Bautätigkeiten stellen nur eine Facette einer größeren Strategie dar, die auch die Übernahme von Land für landwirtschaftliche Zwecke, Erhebung und Erfassung von Land in die Register der PA (wenn auch ohne verbindliche Rechtsbehörde) und juristische Kriegsführung beinhaltet. Letztere sieht die rechtliche List vor, Tausende von unsinnigen Klagen, Einsprüchen und Petitionen einzureichen, die israelische Gerichte überfluten und einen jahrelangen Rückstau von Fällen verursachen, jedoch ohne Chance auf Erfolg. Nichtsdestotrotz würden die illegalen Bauten stehen bleiben.

Die EU steigt in die Bautätigkeiten mit ein

Eine Strategie dieser Größenordnung kostet Milliarden von Dollars. Woher kommt das Kapital?

Hunderte Millionen von Euros wurden seitens der EU von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einzig für „humanitäre Hilfe“ zur Verfügung gestellt. Diese Hilfe besteht darin, die Kosten für Bautätigkeiten in Gebiet C zu subventionieren, was durch Tausende von weißen Schildern belegt wird, die überall in der Region neben Gebäuden stehen und auf denen in großen Buchstaben steht: „Gestiftet von der Europäischen Union“.

Im Jahr 2012 „wurden € 200 Mio. als Unterstützung an die PA überwiesen, darunter € 7 Mio. für die ‚Entwicklung von Land und grundlegender Infrastruktur nur in Gebiet C‘ – ein Deckname für die Erbauung Tausender illegaler Bauten in einem Netz von Vorposten errichtet durch die PA“ („Die letzte Kolonie: EU-Unterstützung für illegale Bautätigkeiten in Judäa und Samarien“, Regavim, Februar 2015).

Der geheime Bericht der EU

Gemäß eines vertraulichen Berichtes, der im Juni 2022 veröffentlicht wurde vom European Joint Development Program für Gebiet C hat die EU vor, „Landrechte zu planen und zu strukturieren… Zugang zu grundlegenden Diensten zu verbessern wie z.B. Wasser, Elektrizität, Straßenanbindung, Bildung… in Abstimmung mit der PA… und durch Entwicklungs- sowie Investitionstätigkeiten des Privatsektors in Gebiet C.“ Dies ist eine verklausulierte Sprache für neue arabische Ortschaften, welche die EU erbaut. Dies ist die arglistige Annektierung von Land ohne jegliche Friedensverhandlungen. Dies verletzt das Oslo-Abkommen und internationales Recht.

Im Dokument der EU werden Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich und Großbritannien genannt, aber andere Quellen wie Italien, Kanada, Schweden und die römisch-katholische wie auch lutherische Kirche sind auch als Geldgeber beteiligt.

Während der letzten 20 Jahre wurden 81.317 illegale arabische Gebäude in Gebiet C errichtet. Einige entgegnen, dass israelische Bautätigkeit in Gebiet C illegal sei. Im Gegensatz dazu wurden insgesamt 4.382 israelische Gebäude während der letzten 20 Jahre illegal errichtet. Aber allein im Jahr 2022 wurden in Gebiet C 5.535 arabische Gebäude illegal errichtet, auf Land, das anhand internationaler rechtlicher Standards unter vollständiger israelischer Rechtsprechung steht.

Seit Ende letzten Jahres nahmen arabische Bauten 12,5 % der gesamten Landfläche ein, während israelische Bauten nur 0,97 % einnahmen. Tatsächlich zeigen Laufaufnahmen, dass die meisten neuen arabischen Bautätigkeiten in Judäa und Samarien in Gebiet C stattfinden, nicht in den Gebieten A oder B.

All dies ist Teil des Fayyad-Plans. Und er wird gesegnet von der EU. Dies erklärt, warum die EU israelische Tätigkeiten in Judäa und Samarien verurteilt, welche die zahlreichen „humanitären Hilfsprojekte“ der EU bedrohen.

Die Ironie besteht darin, dass die EU Handel und Kooperation mit Israel will, während sie Israel unterminiert, indem die Erschaffung eines de facto Terrorstaats an seinen Grenzen unterstützt wird. Mehr noch, es ist scheinheilig. Die europäische Verhätschelung der Palästinenser schürt die palästinensische Ablehnung gegen Frieden.

Bisher hat eine Koalitionsregierung Israels nach der anderen zu schwach darauf reagiert. Es braucht eine starke und entschlossene Regierung, um einen Prozess aufzuhalten, der zur Absicht eines souveränen Staates führt, Israel zu zerstören.