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Geständnisse eines früheren pro-palästinensischen Aktivisten in Hebron

Der Schwede Daniel Borg war in der schwedischen Politik aktiv, leidenschaftlich pro-palästinensisch und hatte sich der antiisraelischen Internationalen Solidaritätsbewegung (ISM) angeschlossen.


Mein palästinensisches Training: mit oder ohne Gewalt?

Daniel Borg mit palästinensischen Kindern in Hebron

Bevor ich mich der ISM-Gruppe in Hebron anschloss, hatte ich 2 Trainingstage in Ramallah: Wie man die israelische Armee behindert; wie man in ein Wohngebiet geht und die Koordinatoren über die Bewegungen von Patrouillen der eindringenden israelischen Streitkräfte (IDF) alarmiert; wann man dem Militär seine Anwesenheit zeigt, damit sie nicht in Deine Richtung schießen; wie man Steine und Molotow-Cocktails werfende Militante abschirmt. Das war unser Job. Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO, auch Fatah) benutzt westliche Jugendliche, um ihr eigenes Terroristen-Programm zu ermöglichen, zu schützen und zu unterstützen. Die Koordinatoren machten uns klar, dass die ISM nur gewaltfreie Mittel des Widerstands nutzt, betonten jedoch, falls die Palästinenser sich entscheiden würden, Gewalt anzuwenden, es unser Job wäre, sie als menschliche Schutzschilde zu unterstützen …

Asymmetrische Kriegführung

In der ersten Stunde des Trainings in Ramallah gibt jeder Aktivist den PLO-Koordinatoren einen verschlossenen Umschlag mit Name, Adresse, Familieninfos, etc. für den Fall seiner Verhaftung oder seines Todes. Man machte uns mehr als deutlich, dass, falls wir von der Armee geschlagen oder getötet würden, dies zu großem Schaden für den Staat Israel führen würde, zu einer großen Medienberichterstattung und natürlich eventuell zum Ende der „Besatzung“. Da ich Vorsitzender der Sozialdemokratischen Jugendorganisation meines Heimatortes war, galt ich als interessant und nützlich. Würde die IDF mich verhaften oder töten, wäre dies mindestens in Schweden Schlagzeilen wert.

Im Nachhinein verstehe ich, dass dies ein perfektes Beispiel für asymmetrische Kriegführung ist: Mit meiner Anwesenheit als EU-Ausländer würde die IDF vielleicht nicht das Maß an Gewalt anwenden, das sie berechtigt ist anzuwenden, um einen Sicherheitseinsatz abzuschließen, und würde daher diejenigen, die ich abschirme, straflos gehen lassen (ein Sieg für die Terroristen). Oder sie würde meine Anwesenheit ignorieren und ihre Mission mit dem möglichen Endresultat abschließen, dass ich zusammen mit dem Terroristen getötet würde. Auch das ist ein Sieg für die Terroristen. Denn so können sie meinen Tod als ein effektives Propaganda-Werkzeug nutzen, um die internationale Meinung zu formen.

Ich fühlte mich nützlich. Ich wollte alles mir Mögliche tun, um den Palästinensern zu helfen. Ich war furchtlos und idealistisch. Dann ging ich nach Hebron. Ich beschloss, nur echte pazifistische Arbeit zu tun, hauptsächlich in der King David Street (Shuhada Street) zu stehen und an den IDF-Posten, die zur jüdischen Siedlung Tel Rumeida führten. Dort wollte ich die israelischen Soldaten überwachen. Ein harte Aufgabe, dachte ich, da mir alle Palästinenser im Vorhinein gesagt hatten, die Soldaten seien gewalttätig, würfen Steine auf die Palästinenser, hülfen Siedlern palästinensische Kinder anzugreifen, und (was mir Angst machte) würden gelegentlich ISM-Aktivisten wie mich verhaften, mit Handschellen fesseln und prügeln …

Wie sich die IDF-Soldaten verhielten

Mein erster Morgen in Hebron: Ein junger israelischer Soldat stand auf seinem Beobachtungsposten am Eingang des jüdischen Wohngebietes Tel Rumeida, wo auch einige palästinensische Familien leben. Der Soldat rief einem 10-jährigen palästinensischen Jungen zu, er solle sich ihm nähern. Der Junge hatte große Angst und ging stockend und zögerlich voran. Als der Junge näher kam, bewegte sich der Soldat auf das Kind zu. Jetzt schlug mein Herz schneller, da ich mir sicher war, er würde den Jungen schlagen oder verhaften. Daher nahm ich meine Kamera, bereit, um die Brutalität zu filmen. Zu meinem großen Erstaunen schüttelte er stattdessen die Hand des Jungen und legte seine andere Hand auf dessen Schulter. Der Soldat sprach ganz zwanglos mit dem Jungen. Sofort lächelte der Junge und sie redeten und scherzten minutenlang in der Julihitze. Ich war erleichtert, sehr überrascht und ließ die Kamera sinken. Hier gab es nichts zu filmen.

Ich war erstaunt. Diese Begegnung zwischen dem IDF-Soldaten und dem palästinensischen Kind widersprach allem, was man mir gesagt hatte und was ich für normales IDF-Verhalten hielt. Sicher war das Verhalten dieses Soldaten ein seltener Lichtblick der Menschlichkeit in der insgesamt aggressiven IDF, wie ein Delphin, der in einem Meer voller Haie schwimmt. Doch dem war nicht so. Es war vielmehr die Regel. Ich überwachte dieselbe Gruppe Soldaten vom frühen Morgen an, bis zum späten Abend – ihre grundlegende Art des Umgangs mit den Palästinensern war der von Nicht-Einmischung und Respekt. Kein einziges Mal sah ich irgendetwas, das einer Gewaltanwendung auch nur nahe kam. Ich verbrachte 3 Wochen damit, die Soldaten zu beobachten, mit Kamera um den Hals. Es gab nichts zu filmen, keinerlei Art von Übertretung (außer den palästinensischen Kriegsverbrechen, doch darauf komme ich noch zu sprechen).

Wie ich es mir schönredete

An einen Punkt machte ein Soldat eine Handbewegung und winkte mich zu sich. Er wollte mir einige Fragen stellen. Wie könnte ich für die Fatah arbeiten, mich selbst als Menschenrechtsaktivist bezeichnen, wenn [die Palästinenser] gerade einen homosexuellen Palästinenser getötet hätten, indem sie ihn an ein Auto gebunden und seinen zunehmend geschundenen Körper durch das ganze Stadtzentrum Hebrons geschleift hatten (nur ein paar Meter weg, von wo ich stand)? Ich war ziemlich geschockt. Erteilte mir ein IDF-Soldat Nachhilfe in Sachen Menschenrechte? Ich beschuldigte ihn der Falschdarstellung und Schönfärberei der Geschichte. Ich dachte über seine Worte nach, aber ihr Inhalt störte mich nicht. Die, für dich ich arbeite, sind von der Fatah, Gemäßigte, Friedensaktivisten, sogar einige Juden waren darunter, redete ich mir ein …

Hier hast Du die Hamas

Die folgende Woche verlief ein wenig anders. Ich merkte, dass die IDF-Soldaten nett waren und mich – sowie alle Palästinenser – mit Respekt behandelten. Während der Mittagszeit beschloss ich, zum PLO-Apartment zu gehen. Ich stand da mit meiner Kaffeetasse, und schaute auf Hebrons Stadtzentrum mit direktem Blick auf den arabischen Zouk [Markt]. Wie aus dem Nichts, sah ich plötzlich 2 Männer aus einem Auto springen, Waffen herausziehen und wild auf dem Markt herumzuballern. Es fielen etliche hundert Schüsse. Der Zouk wimmelte von Familien. Als die Männer ihren Schuss-Marathon starteten, versuchte jeder wegzurennen. Ich filmte es von Anfang an. Die Schüsse dauerten so lange, dass ich Zeit hatte, auf das Dach zu gelangen und weiter zu filmen. Hier hast Du die Hamas.

Danach rannte ich runter, alarmierte meine Mitaktivisten und die IDF-Soldaten, und rief unsere Koordinatoren an. Die IDF schloss den Checkpoint und verstärkte ihre Präsenz. Das war der erste Hamas-Angriff in der Westbank, ihr Angebot zum dortigen Machtgewinn, in Gaza hatten sie damals Erfolg damit. Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, rief für einige Tage den Notstand aus. Sicher waren nur die kleine Einwohnerschaft von Palästinensern, die Juden und wir ausländische Aktivisten – dank des IDF-Checkpoints und der Sicherheitsmaßnahmen innerhalb des von Israel kontrollierten Gebiets. Ich war in der Tat dankbar, dass die IDF dort einen Checkpoint hatte.

Die Ironie kam mir zu der Zeit nicht in den Sinn: Dass ich nach Hebron gegangen war, um israelische Kriegsverbrechen zu dokumentieren, aber nach Hause kam mit den Beweisen der Humanität der IDF und palästinensischen Kriegsverbrechen.

Was ich nicht über Hebron wusste

Während meiner Zeit in Hebron wusste ich nichts von den unaufhörlichen Terrorangriffen gegen die winzige jüdische Gemeinschaft dort. Ich wusste nicht, dass jüdische Bewohner getötet werden, wo immer sie ungeschützt sind – Kinder, Frauen, ältere Menschen. Ich wusste nicht, dass Israel nur einen winzigen Teil von Hebron kontrolliert. Ich wusste nicht, dass die tatsächliche Apartheid in Hebron sich von den Arabern gegen die Juden richtet. Ich kannte die religiöse und historische Bedeutung von Hebron nicht, als zweite Hauptstadt des jüdischen Volkes.

Zudem wusste ich nicht, dass die, für welche ich arbeitete – die Fatah-geführte ISM – aktiv palästinensische Kinder instruiert, Steine auf Juden zu werfen, so manchmal das Opfer töten. Auch wusste ich nicht, dass, wenn die Fatah uns befiehlt, jemanden oder ein Haus vor einem IDF-Einsatz abzuschirmen, es höchstwahrscheinlich ein Terrorist ist, der gerade vorhat, unschuldige Israelis anzugreifen. Das war der Fall bei Rachel Corrie [in Gaza].

Wie konnte ich es auch wissen? Wie konnten meine Mitaktivisten es wissen? Wir sind durchdrungen von der pro-palästinensischen falschen Erzählung, angeheizt durch die CNN, die New York Times, Le Monde, durch alle Mitte-linksgerichteten politischen Parteien in Europa, durch all unsere links angehauchten Lehrer und unsere kulturellen Institutionen. (israellycool.com, 22.08.15)