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Unsere Verbindung zur Ukraine


Unser Grafiker Y., der früher hier in Jerusalem lebte, wohnt in der Stadt Charkiw in der Ukraine, die unter täglicher Bombardierung stand, seitdem die russischen Angriffe am 24. Februar begannen. Er schreibt uns, wenn er eine Internetverbindung hat. Neulich schrieb er: „Die Situation ist ernst. Anstatt 50 Bombeneinschlägen pro Tag sind es jetzt sogar 60.“ Kurz vor den Feiertagen schrieb er, um uns ein frohes Pessachfest zu wünschen und fügte hinzu, dass in seiner Stadt bereits 1600 Gebäude zerstört worden sind. (Diese Ausgabe von HASCHIWAH wurde von ihm entworfen, während er unter Beschuss stand.)

Es ist für alle ein Alptraum. Fürchterliche Bilder von Massen von Flüchtlingen, die unter Bombardement flüchten. Frauen, Kinder, Ältere und Kranke, die dem Schrecken entfliehen. Familien getrennt. Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten zerstört. Zivile Wohnblöcke in Schutt verwandelt. Städte unter Belagerung, ohne Wasser, Heizung oder Elektrizität, Nachbarschaften zerschlagen. Jetzt gibt es zahlreiche Beweise von Massenmord an Zivilisten und Massengräbern. Die direkte Zielsetzung gegen Zivilisten wurde befohlen von einem überheblichen Mann und seinen untertänigen Generälen, Handlangern in der nicht provozierten russischen Invasion gegen die Ukraine.

Dies geschieht nur 90 Jahre nach dem Holodomor, der Ermordung von Millionen von ukrainischen Zivilisten durch erzwungenes Verhungern unter dem Stalin-Regime. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelensky fleht die restliche Welt an um entsprechende Mittel, damit er heute sein Volk verteidigen kann, aber die Welt stellt zuerst Berechnungen an: Ist das sicher? Ist es klug? Rentiert es sich? Was moralisch richtig ist, kommt erst an zweiter Stelle. Die Welt hat sich nicht verändert. In der Zwischenzeit steigt die Zahl der Opfer.

Darin liegt eine mächtige Botschaft für Israel und Juden weltweit. Während wir mit offen genannten Drohungen von Vernichtung konfrontiert werden, wie z. B. vom Iran, der mit Atomwaffen aufrüstet, wobei die USA und europäische Nationen die Drohung herunterspielen und eifrig ein Nuklearabkommen mit Teheran unterzeichnen, werden moralische Bedenken den politischen, wirtschaftlichen, selbstsüchtigen Betrachtungen untergeordnet. So war es auch vor 80 Jahren während des Holocaust.

Ich habe eine persönliche Verbindung zum Russland-Ukraine-Krieg, über die ich neulich in einem Brief an Freunde schrieb, da mein Schwager und seine Frau dort leben. Sie haben sich entschieden, in der Ukraine zu bleiben, auf ihrem Bauernhof zu arbeiten und ihre Bäckerei weiter zu betreiben, da die ortsansässigen Dorfbewohner und Flüchtlinge auf sie angewiesen sind zur Nahrungsversorgung. Sie beherbergen 20 Flüchtlinge gleichzeitig.

Als Kinder, die in der Goldberg-Familie aufwuchsen, haben mein Bruder David und ich von unseren Eltern Berichte gehört über den Holocaust und 2. Weltkrieg, über Verfolgung und Flucht unter Bombardierungen, über Mangel an Essen und grundlegenden Erfordernissen, über Tod und Zerstörung, Verrat und unerwarteter Hilfe und Schutzunterkunft, über Flüchtlinge und Wiedervereinigung von Familien.

Der Holocaust war eine Tragödie einziger Art in der Menschheitsgeschichte, aber viele der heutigen Szenen in der Ukraine gleichen denen von vor 80 Jahren. Viele von unseren älteren Lesern und Unterstützern gingen durch ähnliche Erlebnisse.

Wir unterstützen neben andern Projekten ein Koordinationszentrum in der Ukraine. Man organisiert dort Hilfe für ältere Holocaust-Überlebende, Verpflegung und andere Notwendigkeiten, wie auch Flucht und Transport nach Israel. Bisher kamen etwa 9.000 ukrainische Flüchtlinge und 4.000 russische Immigranten (von denen viele befürchten, was wohl nach dem Krieg passieren wird) nach Israel seit Ausbruch des Krieges.

LEMA’AN ZION hat seit Jahrzehnten Flüchtlingen geholfen: Juden aus Äthiopien und der früheren Sowjetunion. Und wir tun es mit Einhaltung einer Praxis, die unser Vater nach dem 2. Weltkrieg begann, als er große Hilfsaktionen in Schweden organisierte, Busse, LKWs und Eisenbahnwaggons mit Sachen füllte, um damit Flüchtlingen jeglicher Nationen in Nordeuropa zu helfen.

Natürlich müssen wir unsere anderen Projekte fortsetzen, einschließlich den Holocaust-Überlebenden in Israel zu helfen, Suppenküchen zu finanzieren, Terroropfer und Ausgewiesene aus Gusch Katif zu unterstützen, ebenso Hasbara (Lehrbemühungen) und Tefilla (Gebetseinsätze) auszuführen.

Wir fühlten uns ermahnt, in dieser Notlage zu helfen. Das wollten wir Ihnen mitteilen. „Wer sich des Armen erbarmt, der leihet dem Herrn; der wird ihm wieder Gutes vergelten“ (Spr. 19, 17).

– Gabriel A. Goldberg